Frauendorf, Sitzendorf . . . ? TATRA-Dorf ! Oder die (S)Turmsuchfahrt im Weinviertel

Franz "Sturmy" Stockinger und Andreas "Kölla" Göd haben dieses T.F.I.Treffen im niederösterreichischen Weinviertel veranstaltet.

Traditionen soll man hochhalten und das gilt besonders für die Tatra-Besitzer. Schon in den späten 20ern hat damals der österreichische „Tatra-Klub“ neben den üblichen Klubausfahrten auch die sogenannte „Turmsuchfahrt“ veranstaltet. Da galt es, in möglichst kurzer Zeit nach Angabe zu fahren und dabei auch mehr oder weniger versteckte Objekte zu finden. Damit diese traditionsreiche „Gewohnheit“ des Klubs nicht in Vergessenheit gerät, veranstalten die Tatra-Liebhaber aus Niederösterreich jedes 2. Jahr eben diese Fahrt, mit der Geschwindigkeit hapert es heutzutage etwas, aber die aufgegebenen Rätsel haben es wie eh und je in sich.

In unserem Fall, also 2002, waren unsere Mitglieder Franz Stockinger und Andreas Göd die Veranstalter. Damit keine Langeweile aufkommt, heißt diese Ausfahrt das eine Mal „Turmsuchfahrt“, das andere Mal „Kellergassenfahrt“. Bis heute weiß ich zwar nicht wie die heurige Fahrt richtig heißt (die beiden Herren waren sich darüber bis zur Preisverleihung nicht einig), der Türme zu finden gab es genug und der Kellergassen, die wir durchfahren haben, konnte ich nicht zählen, so viele waren es!

Also nix wie ran ans Telefon, ob noch ein Platz frei ist (es war schon ziemlich spät für eine Anmeldung) und überhaupt wegen der Überschwemmung in Wachau und Kamptal. O-Ton Stockinger: „Wos, Überschwemmungen bei uns? Na, de hot´s eppas weiter westlich g´eben, bei uns is alles in Urdnung! Kannst ruhig kommen, I bestöll derweil a Zimmer für di!“

Na, dann schoben wir, mein bewährter Beifahrer Karli und ich, den Tatra auf den Hänger, und ab ging die Post, von der italienischen Grenze an die tschechische. Die Anfahrt dauerte fast einen ganzen Tag, 550 km sind eben keine Jausenfahrt. Als kleinen Nervenkitzel durfte ich die Wiener Südost-Tangente zur Rush Hour erleben, der Respektabstand zum Vordermann bei 70/80 km/h oder noch schneller wurde durch vor mir hineinflutschende Autos dauernd eliminiert. Ein Wunder, daß dort nicht mehr passiert!

Der herzliche Empfang durch Andi Göd und Frau Stockinger am Beginn des Weinviertels ließ uns die Strapazen des Tages vergessen. Tatra abladen, die Autos der Kollegen beaugapfeln und am Abend bei Stockingers seine vierrädrigen Schätze bewundern war das Programm des Abends, abgesehen vom Benzin reden beim Heurigen.

Am nächsten Morgen hieß es die Autos aufstellen am Sitzendorfer Hauptplatz, der mich durch seine Gestaltung und seine Größe sehr beeindruckte. Da sich schon die ersten Autos vor der Startlinie aufgestellt hatten, dachte ich, das gehört dazu und machte dasselbe, auch alle nach mir Kommenden fanden die Idee nicht schlecht und stellten sich ebenso auf . Am Ende sah es so aus, als ob der Start im Retourgang erfolgen sollte, weil die Startlinie hinter den Autos lag. Die Startnummern und Essensbons wurden ausgegeben, gleich darauf erfolgte die Fahrerbesprechung durch Herrn Stockinger, welche durch seine geheimnisvollen Kommentare zur Strecke und den Sonderprüfungen gefiel.

Und los ging´s, vorbei an Bildstöcken, alten, hölzernen Weinpressen mit Baujahr aus dem 19. Jahrhundert und Weinfässern, deren Rauminhalt zu erraten war, entlang der „grünen“ tschechischen Grenze – hier gehörte die zweite Straßenhälfte schon unserem Nachbarn – und in Heurigenlokale, welche ausgezeichnete Weine und gute Schmalzbrote als Stärkung kredenzten. Das ist ja das Schöne am „flachen“ Gelände, daß man so „kreuz und quer“ fahren kann, ohne allzuviel Kilometer abspulen zu müssen. Überall entlang des Weges laden asphaltierte Sträßchen ein zum links oder rechts Abbiegen, welches von den Veranstaltern auch genau beobachtet wurde und in der Bewertung seinen Niederschlag fand. Als Höhepunkt der ausgedachten Bosheiten empfand ich die Aufgabe, 3 Weinsorten anhand ihrer Blätter und Trauben zu bestimmen.

Nach der letzten SP ging es im Konvoi wieder zurück nach Sitzendorf, wo wir im dortigen Schloßhof nach einer deftigen Mahlzeit der Ergebnisse harrten. Der Benzingespräche fanden erst am nächsten Tag in Stockingers Kellergasse ein Ende, wo wir uns nach einer kräftigen Gulaschsuppe von unseren Gastgebern verabschiedeten und den Heimweg antraten.

Bis zur nächsten Sturmsuchfahrt – oder ist es eine Kellergassenfahrt?

Hans Engl

 


Zu den Fotos von Ernst Bieber und Andi Göd:  sturmsuchfahrt-bieber