Erinnern Sie sich noch an Ihre Jugend und an Ihre Träume? Ich tue dies öfter. Was habe ich da alles geträumt und gewünscht.

LOHNER-Sissy11954 trat ich beim Gärtnermeister Pärtan in Stadlau, einem Randbezirk von Wien, meine Lehre an, bei freier Kost und Quartier. Mein ganzer Stolz war ein altes Waffenrad, mit dem ich mich Sonntags heimwärts quälte. Der Traum war damals der FUCHS-Hilfsmotor und ich sah mich mit stolzgeschwellter Brust, die Nase kühn in den Fahrtwind gereckt an den verdutzten Mädchen vorbeirauschen und elegant um die nächste Kurve verschwinden. Und dann kamen die richtigen Mopeds, die HMW-Foxinette, das PUCH MS 50 und das LOHNER SISSI auf den Markt und die Träume gingen weiter.

Jedes Mal wenn ich auf den Eislaufplatz ging, kam ich beim AULEHLA vorbei, das war ein Autoimporteur im 3. Bezirk, und in der hinteren Auslage stand ein silbrig glänzender Sportwagen und ich träumte weiter. Vom Brillieren damit vor dem Eissalon, vom Ausflug ins Grüne mit der Traumfrau ( ie immer ein Traum blieb) und vom Neid der Freunde. Groß waren die Träume nie, kein Wunder bei S 100,-- Lehrlingsentschädigung im Monat, da blieb nur ein Rennrad auf 36 Monatsraten und der silbrig glänzende Traumsportwagen in der Auslage beim AULEHLA war nur ein KLEINSCHNITTGER.

WURZIgogoHintSo sind es eigentlich immer Träume geblieben, denn wir hatten damals andere Sorgen. Am Monatsende kaufte ich mir dann von meinem kärglichen Lohn Zeitschriften, da gab's POPULÄRE MECHANIK, HOBBY und MOTORRAD&KLEINWAGEN usw.. Da träumte ich dann weiter, vom BERKELEY über das GOGGOMOBIL-COUPE,
WURZIgogoSeitvom VICTORIA-SPATZ bis zum FELBER-AUTOROLLER. Und dann gab's ja da auch noch die richtigen Autos, unerreichbar wie damals der Mond. Zum Beispiel 1955, die Presse feierte zwei große Premieren. In Paris debütierte die " GÖTTIN " der CITROEN DS 19, und in Prag der TATRA 603, genannt, der " ROLLS-ROYCE des Ostens".

Die Göttin konnte man bald auf den Strassen vorbeischweben sehen und wo eine stand bildete sich ein Menschenauflauf, den Tatra sah man höchstens als schwarzen Schatten vorbeihuschen, denn den konnte man nicht kaufen, nur die tschechische Botschaft hatte einen.

603PROamaturAls ich dann meine Lehrstelle wechselte, kam ich zu einem Lehrherrn, dessen Fuhrpark nur aus Tatras bestand. Da gab's einen T 57 A Kombi, ein T 57 A Cabriolet und eine T 57 B Limousine und öfter kamen auch andere Tatras zu Besuch: ein Tatraplan, ein 11er und ein 30er. Nach und nach sind sie dann verschwunden und kamen zum Schlachter, traurig war keiner drüber. Die Zeit verging, irgendwann kam dann das eigene Motorrad eine Jawa, dann die Familie und dann das erste Auto ein Lloyd Alexander TS.

lloyd

So ein Auto habe ich 4 Jahre gefahren und er ging wie die Hölle, für die damaligen Zeiten. Mit seinen 25 PS ging ich immer auf VW-Jagd und im Winter war er mit seinen schmalen 15"-Reifen und Frontantrieb ein Traum. Die schnellste Verbindung bei Eis und Schnee zwischen der Heeresunteroffizierschule in Enns und Salzburg, war mein himmelblauer Lloyd.

Die Traumfahrzeuge waren es nie, das Leben wollte es immer anders. Irgendwann einmal kommt der Punkt, wo man glaubt es geschafft zu haben und wo man nachzudenken beginnt über den Sinn des Lebens und wo man sich plötzlich fragt, ob es Sinn hat, immer nur zu träumen. Man sieht im Geiste seine Jugend vorbeiziehen und langsam brennt der Wunsch in einem, sich einen Jugendtraum zu erfüllen. Gesagt, getan, aber welchen? Nach vielem Grübeln bleibt ein Traum über, der schwarze Schatten aus dem Jahre 1955, der Tatra 603 soll es sein.

LOHNER-L150Heute steht er bei mir in der Garage und ist für mich das schönste Auto der Welt. Vergessen sind das monatelange Restaurieren, die mühevolle Suche nach Teilen und vergessen sind die Stunden der Mutlosigkeit, wenn wieder einmal nichts weiterging. Am Sonntag wird er gewaschen und dann geht's raus auf die Strasse. Gemütlich rolle ich dahin, umgeben von braunen Samt, den Arm lässig aus dem Fenster gelehnt und es riecht nach Benzin und heißem Öl. Mit dem Sound des Achtzylinders im Rücken gleite ich übers Land und aus den japanischen Mopeds die mich überholen werden Lohner-SISSIs, HMW-Supersport, KTM-Meckis und ich sehe keine Honda, Nissan und Toyotas entgegenkommen sondern Goggos, Kleinschnittger und Borgwards. Aus dem Radio tönt die Musik der 60er und ein tiefes Glücksgefühl macht sich breit, ich habe das Rad der Zeit zurückgedreht!